Mittwoch, 22. Juni 2016

Was bisher geschah

Folgendes: Wir sind 65 km vor dem Ziel. Warum so plötzlich? Na ja, ich bin ein schlechter Blogger, darum. Was ist also während der letzten 400 irgendwas Kilometer passiert?
Wir haben die endlos scheinende Meseta durchquert. Elendlange Wege neben Straßen, Feldwege bis zum Horizont, immer hoffend, dass hinter dem nächsten Hügel das nächste Dorf erscheint. Hitze! Sonne! Staub! No funny!
Aber irgendwann waren wir da durch.
Dann kam der Aufstieg zum höchsten Punkt des Jakobsweges, dem Cruz de Ferro. Damit kamen die Kälte und der Regen. Klatschnass bis auf die Knochen, und das über mehrere Tage. Matsch! Nebel! Steiniges bergauf und ab. Auch no funny! Dazu habe ich mir noch an einem der letzten Meseta Tage irgendwas im Schienbein gezerrt oder gerissen. Seitdem ist der Knöchel geschwollen und ich bin auf einer Diclofernac-Kur. Aber muss ja humpelnd weiter gehen!
Dann haben mein Vater und ich uns einer ♡♡ Gruppe ♡♡ angeschlossen. Wir sind nun 7 Deutsche, ein Italiener und eine Schweizerin, die zusammen unterwegs sind. Das heißt nicht, dass wir in einer riesigen Gruppe alle zusammen am Tag laufen. Jeder läuft sein Tempo, zeitweise auch mal mit anderen zusammen und zwischendurch trifft man sich zum Kaffee und zur weiteren Planung in einer Bar (Bars sind hier Café, Kneipe und Restaurant in einem). Am Zielort kehrt man dann in die selbe Herberge ein und verbringt den Abend zusammen während mein Vater für uns kocht. Und zwar vom feinsten! Wir haben quasi unseren eigenen Koch dabei - wie dekadent... aber lässig!
Die Gruppe! Beste!
Maestro (r) und Sous-chef (l)
Cruz de Ferro
Regen und ...
... Nebel

Montag, 20. Juni 2016

The walking dead

OMG! Echt jetzt, OMG! Die Spaziergänger sind los. Aber mal von vorne:
Wir sind heute morgen bei 114 km Restweg losgegangen. Um die Compostella, die Urkunde, dass man den Jakobsweg gegangen ist, zu bekommen, muss man lediglich die letzten 100 km schaffen. Und das nutzen viele Leute aus. Nun sind überall - diese Freizeitpilger. Zu Hunderten wurden sie in Bussen rangekarrt, blockieren mit minimalem oder überhaupt keinen Rucksäcken ständig den Weg. Fangen nach 3 km schon an zu humpeln, machen alle 200 m ein Foto und glauben, sie wären die übelsten Pilger-Rocker.
Zu erkennen sind sie leicht:
- keine bis super kleine Rucksäcke
- neu gekaufte, saubere Kleidung
- keinen Sonnenbrand und keinerlei Bräune
- lachende, fröhliche Gesichter während die "Weitpilger" aufgrund der Anwesenheit der "Anderen" stets mies drauf sind
- nie weit vom Begleitfahrzeug entfernt
- Mallorca-Strohhüte
- Make-up und Schmuck
- immer in Gruppen unterwegs
Versteht mich nicht falsch: ist man 98 und/oder nicht mehr so gut zu Fuß, oder hat man irgendwelche Gebrechen, die einem am viel laufen hindern, soll man das gerne so machen. Aber dem ist nicht so. 99 Prozent sind junge, fitte Leute im eigentlich besten Alter. Und diese Faulenzer tragen noch nicht einmal ihren Kram mit sich. Der eine oder andere hat vielleicht einen winzigen Rucksack oder 'nen Jutebeutel mit 'nem Apfel oder was dabei, aber viele noch nicht einmal das. Ist das krass, oder was? Morgens sieht man sie noch Aufwärmübungen in kleinen Grüppchen machen. Ihre Koffer (KOFFER!) werden Ihnen dann hinterher gefahren.
Und wir? Wir stampfen durch den Matsch, den sie penibel genau versuchen zu umgehen. Die rosa Schühchen sind ja neu. Ein Schelm wer denkt, dass wir dabei extra versuchen sie mit dem spritzendem Schlamm zu treffen. Passiert halt trotzdem. Sorry and buon Camino! Wir sind Hunde, ich weiß.
Nichts dabei!
Gepäcktransport
noch weniger dabei
Nichts getan aber Toiletten belegen - tz!
Und das Gepäck erwartet die Luschen in der Herberge

Donnerstag, 9. Juni 2016

Die Leute

Die Leute hier. Jeder hat seinen eigenen Grund auf dem Weg zu sein.
Da ist z.B. der Roman. Survival-Trainer und ex-Baumpfleger. Ist seit April ab Le Puy in Frankreich unterwegs. Läuft mit einem 24 kg Rucksack in dem sich alles befindet was er zum Überleben braucht. Mit dem Gewicht des Rucksacks hat der 1.95m Mann keine Probleme. Er schläft immer im Zelt. Hat 10 Jahre auf den passenden Zeitpunkt für diese Reise gewartet. Hat Zeit ohne Ende, wo es ihm gefällt macht er halt, egal wie viele km er erst gegangen ist und wenn's ihm gefällt, bleibt er einfach noch eine Nacht.
Dann der Eric aus Wien. Seine Eltern sind Chinesen aus Indien. Er ist in Österreich geboren, lebte aber vom 13. bis 17. Lebensjahr in Indien. Zuletzt war er in Wien stellvertretender Restaurantführer. Eines Tages hatte er keine Lust mehr, hat gekündigt, den Rucksack gepackt und ist in den nächsten Flieger Richtung Spanien gestiegen. Er hat die Zeit seines Lebens.
Oder Jeff aus North Carolina in den USA. Geschichtsprofessor an einer Uni. Ein Freund ist vor zwei Jahren den Weg gegangen und hat ihn quasi genötigt es auch zu tun. Als er überraschend Zeit zum forschen bekommen hat wurde kurzerhand innerhalb von zwei Wochen der Trip gebucht.
Und der Daniele. Ein junger Ingenieur aus Bergano in Italien. Er liebt Motorräder. Beim Vorstellungsgespräch war ihm der Personalchef zu arrogant, er ist aufgestanden und gegangen. Entschied sich erstmal auf den Weg zu gehen. Am Flughafen rief dann seine Wunschfirma an. Er hatte sich dort nicht beworben weil er dachte die suchen nicht. Über Umwege ist seine Bewerbung dort gelandet. Sie haben einen Job für ihn. Die Firma baut Motorräder.
Dann ist da noch Stephanie, 22 Jahre, aus den USA.
Sie hatte Leberkrebs. Die Ärzte haben ihr eine neue Leber implantiert. Dem Krebs hat sie vorerst besiegt aber die neue Leber verursacht Probleme bei den anderen Organen. Im Moment geht es wohl. Der tägliche Pillencocktail muß aber sein. Wie lange es funktioniert weiß keiner. Also nutzt sie ihre Zeit so gut es geht.
Ebenfalls aus den USA ist auch Dave. Dave hat vor kurzem die Uni abgeschlossen und fängt bald als Account Manager bei Nestlé in Chicago an. Ab dann wird er nie wieder richtig Zeit haben sagt er. Also die, die er noch "frei" ist, nutzen.
Und da bin ich. Warum ich das genau mache muß ich wohl noch rausfinden. Etwas Zeit dafür habe ich ja noch. Und wenn ich es bis zum Ende nicht weiß, geh ich einfach noch mal. Will wer mit?

Dienstag, 7. Juni 2016

Pilgeralltag

Ach Leute,
während des Laufens am Tag fällt mir immer so viel ein was ich schreiben will. Ganze Einträge habe ich unterwegs im Kopf schon geschrieben. Leider entfällt mir alles dann wieder bis zum Abend. Wie damals in der Schule nach einer Klassenarbeit: Arbeit geschrieben, alles vergessen. Ich sollte es mir in Zukunft dem Handy aufnehmen!
Aber zum Thema: Wie sieht so ein Pilgertag eigentlich aus? Nun, folgendermaßen:
- Aufstehen meist so gegen 6 Uhr. Da werden fast alle wach, darum braucht man sich auch Wecker stellen. Das aufwecken erledigen die Plastiktüten der Leute.
- Leise die Sachen packen, anziehen, Zähne putzen.
- Wenn es in der Herberge einen Wasserkocher oder eine Mikrowelle gibt noch einen Instantkaffee und wenn vorhanden ein paar Kekse oder so.
- Gegen 7 Uhr Sprung auf, Marsch Marsch.
- Im ersten Ort bzw. der nächsten Bar einen Café con Leche und ggf. ein Croissant.
- Weiter gehen.
- ca. alle 5-8 km eine Pause. Oft in einer Bar für Café. Ein richtiges Mittagessen lassen wir eigentlich immer aus. Hunger hat man während des Laufens kaum. Sonst ne Kleinigkeit, Banane oder Apfel.
- Nach 25-28 km sollten wir unser jeweiliges Tagesziel erreicht haben. Dann noch die/eine Herberge suchen und einchecken.
- Duschen und Klotten waschen.
- Nickerchen.
- Wenn die Herberge eine Küche hat die man benutzen kann, und der Ort einen Laden, kochen wir selbst. Keine Küche aber Laden heißt dann kaltes Essen mit Baguette, Käse, Thunfisch, Tomaten etc.
Ansonsten in der Herberge oder einen Lokal ein Pilgermenü für 10-12 Euro. Die bestehen aus Vorspeise, Hauptgang und Nachspeise. Dazu eine Flasche Wein und Brot.
- Gegen 22 Uhr ist dann meist angeordnete Pilgerbettzeit. Da hat dann aber auch nie jemand was gegen weil alle platt sind. Bis dahin wird mit anderen Pilgern gequatscht, der Ort besichtigt, Blog geschrieben, mit der Heimat telefoniert oder im Internet gesurft.
Am nächsten Tag das ganze dann von vorn.
Ultreia!

Wahrscheinlichkeitsrechnung

Wer von euch ist gut in Wahrscheinlichkeitsrechnung? Ich hab da nämlich mal eine Frage:
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß jemand zwei mal im Leben von einem Vogel - nennen wir es beim Namen - angekackt wird? Recht hoch würde ich Matheniete sagen.
Aber:
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß jemand innerhalb von zwei Tagen, zwei mal von einem Vogel angekackt wird? Geringer, aber möglich denke ich.
Aber:
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß jemand innerhalb von zwei Tagen, an exakt der selben Stelle, zwei mal von einem Vogel angekackt wird? Ohne irgendwelche wissenschaftliche Beweise dafür zu haben, würde ich sagen, überaus gering.
Deshalb fühle ich mich auch so geehrt, daß es mir widerfahren ist. Ich bin sehr glücklich. Wenn mir das ein drittes Mal passiert will ich ins Guinness Buch der Rekorde!
PS: Ich glaube übrigens nicht, dass es der selbe Vogel war. Es sei denn er hat seine Ernährung umgestellt.

Montag, 6. Juni 2016

Soll ja Glück bringen

Seht selbst. Gibt's doch nich!

Im Paradies

Leute, ich bin im Paradies! Liege im Garten eines alten Klosters welches zu einem richtig nettem Hotel mit angeschlossener Pilgerherberge umgebaut wurde. Man hört nichts außer ein paar Grillen, das zwitschern der Vögel und hin und wieder das Summen einer Hummel.
Das ist aber auch das einzige paradiesische der letzten zwei Tage. Die Landschaft hat sich geändert. Leider nicht zum besseren. Wo sich vor einigen Tagen noch die norddeutsche Heide mit Mittelerde, dem Teuto, dem Grand Canyon und etwas Thailand abgewechselt hat, ging es nun über endlos scheinende Schotterwege, teils direkt neben der Autobahn, vorbei an Weinplantagen. Ohne jegliche Abwechslung. Na ja, aus dem Wein wurde Weizen, das ist aber auch alles. Dann kommt noch die unerbittliche Sonne dazu.
Da ist diese Oase genau was wir heute brauchen um Energie zu tanken. Bisher ist dies das beste was uns Herbergentechnisch unter gekommen ist.
Aber: morgen geht's ja weiter. Also fix in die Koje. Unten noch Fotos vom Dorf aus dem Fenster der Herberge.

Mittwoch, 1. Juni 2016

Atemberaubend!

Hola amigos,
zunächst: ja ich weiß, ich bin ein schlechter Blogger. Aber auf dem Handy, mit zu wenig Zeit, is doof. Ich versuch mich zu bessern!
Zurück zum Titel: Atemberaubend! Dieses Wort nutze ich nicht oft aber das ist alles was mir zur bisherigen Landschaft einfällt. Es ist bisher einfach unglaublich schön hier. Die Pyrenäen sind der Hammer und was danach kommt brauch sich auch vor keiner Landschaft der Welt verstecken.
Die Fotos unten können das gar nicht so wiedergeben. Muss man erlebt haben!
Wir sind jetzt seit 7 Tagen am gehen. Im Schnitt schaffen wir so etwa 20-22 km am Tag. Das ist viel weniger als geplant aber mein Vater hat es mit dem Knie und dem Fuß. Gestern sind wir 27 gegangen. Das war schon hart an der Grenze. Morgen müssen wir auch noch mal etwa 28.
Atemberaubend sind auch die Orte durch die man kommt. Wunderschöne Dörfer und Städte. In jedem würde man am liebsten direkt bleiben. Jedes noch so kleines Dorf hat mindestens eine extrem alte Kirche und die Architektur der Häuser ist umwerfend (noch so ein Wort).
Kaffee! Kaffee machen haben die hier auch drauf. Selten so guten getrunken.
Mitpilger gibt es natürlich auch. Man ist wie ein kleines Rudel. Immer die selben Leute die mit einem zusammen laufen. Man geht morgens zur etwa gleichen Zeit los, läuft sich am Tag des öfteren über den Weg, läuft auch mal ein Stück zusammen und übernachtet dann am Ende des Tages wieder in der selben Herberge. Klar, mal geht der eine oder andere noch etwas weiter, oder geht in eine andere Herberge, aber dann sieht man sich am nächsten Tag wieder.
Soweit erstmal. Ich muß ins Bett. Um 22 Uhr ist Zapfenstreich. Weitere Details folgen.